Gleichberechtigung ist Arbeit

suse

Unser Modell funktioniert! Aber dass das so ist, ist das Ergebnis monatelanger  Auseinandersetzung. Wenn ich jetzt Monate später unsere Mails vom Anfang lese, merk ich erst wieder, dass der Weg bis hierher eben tatsächlich Arbeit und teilweise extrem anstrengend war. Bestimmt ist dieser Artikel gut Futter für unsere Kritiker und die von der „macht euch mal locker, dann regelt sich das schon von selbst“-Front. An der Stelle ein kurzes Wort an euch: Wir wollen niemandem unseren Lebensentwurf aufdrängen, niemanden bekehren und vorallem niemanden angreifen, der oder die anders lebt. Wir wollen einfach nur davon erzählen, was wir versuchen. Und bei uns ist auf jeden Fall der Wille zu Auseinadersetzung im Spiel. Ohne geht es nicht. Und es ist auch noch nicht vorbei. Aber wir finden – es lohnt sch!

Hier also ein Einblick in unsere feministische “Schlammschlacht”:

10.6.12 19:35Uhr Auszug einer mail von mir an Micha:

…..Wir wollen eine gerechte Lösung, in der jeder exakt 50% der Kinderbetreuung übernimmt. Im Moment ist das nicht gegeben und wir finden keine Lösung.
Was steht im Raum: Ich stille, das is der Grund, warum es nicht gerecht zugeht, denn K` trinkt ständig und soviel, dass ich auch an meinen Kindfreien Tagen nichts planen kann, abpumpen geht grad auch nich, weil ich nich genug Milch hab
.
D
u sagst: Dann hör auf zu stillen.
Ich sage: Das will ich nicht.
Ich sage außerdem: So einfach ist das nicht.
Ich frage dich: Warum können wir uns darüber nicht unterhalten? im Sinne eines wirklichen Austauschs von Argumenten?
Ich fühle mich: Von dir in die Enge getrieben und alleingelassen im Sinne von: „Du willst doch stillen, das macht dir doch Spaß, das is doch nicht wirklich nur ne Pflicht, deswegen bist du selber schuld, wenn dir das Zeit raubt, du hast ja die Wahl (nich zu stillen)…!“
Das hast du so nicht gesagt, aber ich lese sowas in der Art lese ich zwischen den Zeilen… das is übrigens ein Konflikt, der so klassisch is u offenbar ständig auftritt, dass es schon gruslig is, das is überall zu lesen. Dass also Männer so argumentieren, gern allerdings auch, weil sie sich bedroht, zurückgesetzt fühlen von der Stillerei, was bei dir ja nich zutrifft, die Argumentation is allerdings die gleiche. Und ich finde, sie ist keine, denn es fehlen schlicht die Argumente. Du negierst lediglich u wehrst ab (typische Reaktion, wenn es an die eigenen Vorteile gehen soll, immer die erste, wenn man an bestehenden Verhältnissen nich rütteln möchte und klassisch wenn die Minderheit in der Mehrheitsgesellschaft was abhaben will von den Privilegien der Mehrheit.)
Es steht außer Frage, dass das Stillen wahnsinnig viel Zeit frisst. Ich bin die Erste, die das zu spüren bekommt, ich hab ma protokolliert an meinem Kind-freien Tag, wieviel zeit ich dennoch damit zubringe:

gestillt 9:50 – 10:10
gestillt 11:40-12:23
abgepumpt 12:52- 13:07
abgepumpt 17:55-18:08
gestillt 18:11- 18:49
gestillt: 19:03-19:25

Sind 2h31min in 10h am Tag, fehlen weitere 14h, sind also über 5h an einem 24h-Tag, die ich mit Stillen verbringe und leider nicht am Stück, sondern die zerstückeln meinen Tag und ich komm zu nix. Sowohl an meinem Kind-Tag, aber eben auch an meinem Kindfreien Tag. 5h pro Tag  – an meinem, aber eben auch an deinem Kindertag. Hochgerechnet auf zwei Tage komm ich also auf 10h mehr Kinderbetrreuung (genauer -fütterung) als du.

Jetzt sagst Du: „Aber ich kann doch nichts dafür, dass ich nicht stillen kann!“ – Nein, lieber Micha, das kannst du nicht, aber genau das ist ja das Thema dieser Mail und die Herausforderung für uns, das Naturgegebene  auszugleichen durch faires, gerechtes Management.

Denn jenseits der vielen Zeit die draufgeht ist es eben auch so: Ich sehe im Moment noch viele Vorteile des Stillens, vorallem fürs Kind, aber auch für uns und ich bin eben vorallem der Meinung, dass wenn wir schon eine gerechte Elternbeziehung führen wollen, muss es möglich sein Kompromisse zu finden, die den Bedürfnissen aller gerecht werden. Und das heißt auch immer wieder nachjustieren! Wenn also die Ein-Tages-Regel gut war bis vorvorgestern – schön! Wenn sie es jetzt aber nicht mehr is – auch schön! denn: Das is unsere Chance unser Leben zu gestalten und unsere 80 Jahre hier auf Erden schöner zu machen – für alle drei!
Deswegen jetzt:
 Meine Argumente fürs Stillen (
und da vorab) Ja, es ist (neben  einer unheimlichen langweiligen Zeitstehlerei) eine intime, angenehme, innige, bindende und emotionale Situation in der ich mit meiner Tochter bin, die bestimmt toll ist für die Mutter-Kind-Beziehung und aus meiner eigenen Kind-Mutter-Geschichte find ich, kann ich garnicht früh genug alles tun, die zu pflegen. Deshalb will ich jetzt noch nicht aufhören und  aus außerdem folgenden weiteren Gründen
1. Ich sehe wie gut K` das gestillt werden gefällt, es is das einzige was sie im Moment einigermaßen selbstbestimmt machen kann: sie schreit, sie kriegt die Brust u trinkt solange dran bis sie keine Lust mehr hat, dabei wendet sie ihren Saugreflex an, der ihre einzige Fähigkeit ist, mit der sie wirklich was anfangen kann. sie wirkt dabei so klug, selbstbestimmt u selbstbewusst, sie is die einzige, die so mit meiner Brust umgehen kann, sie holt sich was sie braucht mit ihren mitteln, sie bestellt durch ihr art zu trinken die nächste Milch, meine Brust ist ihr kleiner eigener Markt (anders als bei der Prenahrungsflasche, die sie fremdbestimmt verabreicht bekommen würde)
2. ist das stillen für uns beide (dich u mich) praktisch: Das essen ist (mit der Einschränkung: dass eben ICH in der Nähe sein muss) immer verfügbar – das ist vorallem wenn wir zu dritt nach Portugal fahren megapraktisch, wenn wir dann ständig Flaschen warmmachen, anrühren, auswaschen, sterilisieren etc müssten… würde es bestimmt bald nervig und
3. (wobei alle Gründe ineinander spielen und sich auch bedingen) Stillen hat für K` laut Wikipedia jede Menge Vorteile:
Unter einem Jahr bietet ihr das 30-56% Schutz vor Krankheiten u Infektionen (was auch uns zugute kommt), die Form der Brustwarze is für ihre Mund-Zunge-Gaumen-Stellungen super fürs sprechen lernen, außerdem sorgt es für Urvertrauen,… usw usf.

Wir haben gesagt, am besten gehts K`, wenn wir glücklich u zufrieden sind. Im Moment wär ich das nicht, wenn ich schnellstmöglich abstillen würde. Im Moment bin ich glücklich, wenn ich ihr weiter Brust und Muttermilch geben kann, für mich fühlt sich alles andere so an, als würde ich ihr was wegnehmen, was sie gerne mag u durch was nicht so gutes ersetzen, dabei is sie noch so klein u so neu auf der Welt u kennt die paar konstanten i ihrem kleinen Leben erst 11 Wochen! Ich möchte auf meine Gefühle hören dürfen!

So, worauf läuft das alles hinaus?

Jetzt wirds witzig wenn auch absurd: Was ich eigentlich will, also wie das gerechte faire Management aussehen soll, weiß ich garnicht so genau (ich hab nämlich stilldement und dauerstillend wie ich bin, garkeinen Kopf oder Zeit mal darüber nachzudenken). Aber das Thema is ja aufgekommen aus einer Unzufriedenheit heraus, dass du immer nur das allernötigste machst, und dabei aber irre unzufrieden bist, wg. der “wenigen Zeit”, die DU(!) hast! Im Moment fallen mir nur so kleine Ausgleiche ein, zum Bsp. dass ich zum Sport gehen kann, ob nun mein Tag is o nich und du in der Zeit K`nimmst… Ich weiß nich ob das schon die Lösung is, Fakt is: Ich würde gern irgendwo Vorteile spüren, dass wenn ich schon nicht einen kompletten Tag am Stück weg u mit mir ganz allein sein kann, ich das Gefühl hab, aber dafür mach ich ja immer das und das…

das is noch nich der Weisheit letzter Schluss, nur eine Diskussionsgrundlage.
Bin gespannt wies weiter geht und mach jetzt weiter mit meinem freien Tag:-)
MfG
 und Küssen S.

Schreibe einen Kommentar